Pflegegrade
Unser Rechtsratgeber erklärt die Pflegegrade und andere Themen der Pflege verständlich, kompakt und unabhängig
Inhaltsverzeichnis
- Fünf Pflegegrade
- Pflegegrad beantragen
- 5 Pflegegrade sind die alten 3 Pflegestufen
- Pflegebedürftigkeit wurden neu definiert
- Warum Pflegegrad statt Pflegestufe?
- Wie 2020 und 2021 einen Pflegegrad erhalten?
- Wie wird der Pflegegrad berechnet?
- Wie hoch sind die Leistungsbeträge in den einzelnen Pflegegraden?
- Leistungen bei Pflegegraden in der häuslichen Pflege durch einen Pflegedienst (Pflegesachleistungen)
Fünf Pflegegrade
Die 2. Stufe der Pflegereform ist seit einigen Jahren in Kraft. Die früheren drei Pflegestufen sind nunmehr der Pflegegrad 1, 2, 3, 4 und 5.
Wir zeigen Ihnen, was im Jahr 2020 und im Jahr 2021 für Ihren Anspruch auf Pflegegeld und auf sonstige Leistungen der Pflegeversicherung wichtig ist.
Ziel der Reform und der Einführung der Pflegegrade war es, die Pflegeleistungen besser an die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, also insbesondere Menschen mit Demenz, anzupassen. Die Pflegereform führte also einen neuen Begriff, eine neue Definition der Pflegebedürftigkeit ein, bei dem geistige Erkrankungen mehr in den Vordergrund gestellt wurden. Psychische und physische Faktoren der Pflegebedürftigkeit wurden gleichgesetzt:
Die bisherigen Pflegestufen 0, 1, 2 und 3 wurden durch die Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 ersetzt. Dadurch kamen vor allem demenzkranke ältere Menschen in den Genuss der gleichen Pflegeleistungen wie körperlich pflegebedürftige Menschen.
Zuvor spielten im Wesentlichen körperliche Einschränkungen für die Anerkennung der Pflegebedürftigkeit eines Menschen eine Rolle.
Wir geben einen Überblick über den Leistungsumfang und das neue Prüfverfahren zur Bewertung der Pflegegrade.
Pflegegrad beantragen
Das Wichtigste zuerst:
Leistungen aus der Pflegeversicherung gab und gibt es nur auf Antrag und auch nur ab dem Monat der Antragstellung. Wichtig ist es deshalb, dass Sie rechtzeitig einen Pflegegrad beantragen.
5 Pflegegrade sind die alten 3 Pflegestufen
Durch die Pflegereform wurden die gesetzlich bisher festgelegten Pflegestufen 1, 2 und 3 in die neuen Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 umgewandelt. Diese Überleitung findet sich in § 140 Sozialgesetzbuch 11 (GB XI).
Der Begriff Pflegestufe ist somit durch den Begriff Pflegegrad ersetzt. Die neuen Einheiten der Pflegebedürftigkeit heißen Pflegegrade. Es gibt 5 Pflegegrade. Die Abstufungen wurden neu eingeteilt, um auch Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz in das System der Pflege zu integrieren. Die Überführung der alten Pflegestufen in die neuen Pflegegrade erfolgte anhand von formale Kriterien.
Körperlich pflegebedürftige Menschen und Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wie Demenzkranke, psychisch Erkrankte oder geistig Behinderte werden entsprechend den Einbußen ihrer Selbstständigkeit in die fünf Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 eingestuft und enthalten entsprechende Leistungen aus der Pflegeversicherung. Fazit: Die früheren Pflegestufen 0, 1, 2 und 3 sind nunmehr die Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5.
Die Umwandlung der alten Pflegestufen in Pflegegrade stellt sich wie folgt dar:
Tabelle Umrechnung Pflegstufe zu Pflegegrad
- Pflegestufe 0 wird zu Pflegegrad 2
- Pflegestufe 1 wird zu Pflegegrad 2
- Pflegestufe 1 plus eingeschränkte Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 3
- Pflegestufe 2 wird zu Pflegegrad 3
- Pflegestufe 2 plus eingeschränkte Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 4
- Pflegestufe 3 wird zu Pflegegrad 4
- Pflegestufe 3 plus eingeschränkte Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 5
- Pflegestufe 3 plus Härtefall wird zu Pflegegrad 5
Aus diesem System ist schon ersichtlich, dass eine eingeschränkte Alltagskompetenz zu einem höheren Pflegegrad führt, als an sich aufgrund der rein körperlichen Beeinträchtigung gegeben wäre.
Pflegebedürftigkeit wurden neu definiert
In der Vergangenheit wurde die Pflegebedürftigkeit insbesondere auf körperliche Beeinträchtigungen bezogen. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wurde so pflegebedürftigen Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen nur zu einem kleinen Teil gerecht. Das galt besonders für Menschen mit Demenzerkrankungen.
Der Pflegebedürftigkeitsbegriff, von dem die Pflegestufe bzw. der Pflegegrad und damit die Leistungshöhe der Pflegeversicherung abhängen, stand deshalb in der Kritik. Die Zahl der Menschen mit Demenzerkrankungen in Folge der alternden Bevölkerung steigt ständig. Die Politik und der Gesetzgeber müssen aktiv werden, denn demenzkranke Menschen sind häufig körperlich kaum eingeschränkt und können dennoch ihren Alltag nicht selbstständig bewältigen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff nimmt den Menschen in seiner Lebenswelt in den Blick und berücksichtigt alle für das Leben und die Alltagsbewältigung eines Pflegebedürftigen relevanten Beeinträchtigungen. Körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen werden bei der Einstufung gleichermaßen und pflegefachlich angemessen berücksichtigt. Zudem kann mit dem neuen System auch besser geplant werden, welche Art von Unterstützung ein pflegebedürftiger Mensch wirklich braucht.
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff will eine bessere Berücksichtigung der individuellen Situation von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie einen Abbau von Unterschieden im Umgang mit körperlichen und geistigen Einschränkungen.
Fünf Pflegegrade, die die individuellen Pflegebedürftigkeit besser berücksichtigen
Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz gibt es im Jahr 2020 und 2021 seit nunmehr über drei bzw. vier Jahren statt drei Pflegestufen fünf Pflegegrade, die der individuellen Pflegebedürftigkeit besser gerecht werden. Bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit wird nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen differenziert. Ob jemand pflegebedürftig ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Grad der Selbstständigkeit. Das bedeutet beispielsweise: Was kann der Betroffene noch alleine und wo benötigt er Unterstützung? Das kommt allen Pflegebedürftigen entgegen, Demenzkranken genauso wie Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Ausgehend von der Selbstständigkeit einer Person wird das Stadium der Einschränkung in fünf Grade eingeteilt, von geringer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (Pflegegrad 1) bis zur schwersten Beeinträchtigung, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergeht (Pflegegrad 5).
Um den Grad der Selbstständigkeit einer Person zu messen, werden Aktivitäten in sechs pflegerelevanten Bereichen untersucht. Das neue Begutachtungsverfahren berücksichtigt auch den besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf von Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Es wird nicht wie nach der alten Methode die Zeit gemessen, die zur Pflege der jeweiligen Person benötigt wird, sondern es werden Punkte vergeben, die darstellen, inwieweit die Selbstständigkeit einer Person eingeschränkt ist. Anhand der Ergebnisse der Prüfung wird der Pflegebedürftige in einen der fünf Pflegegrade eingeordnet.
Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen – Das Neue Begutachungsassessment
Ein neues Prüfverfahren, das sogenannte neue Begutachtungsassessment (NBA) wurde mit der Pflegereform eingeführt. Die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) oder anderer Prüforganisationen überprüfen bei jedem neuen Antrag auf Pflegeleistungen jeden Antragsteller persönlich anhand eines Fragenkatalogs auf den Grad ihrer noch vorhandenen Selbstständigkeit. Auf der Basis dieses Gutachtens des MDK entscheidet dann die zuständige Pflegekasse, ob Pflegebedürftigkeit mit einem Pflegegrad besteht oder ob der Antrag auf Zuerkennung eines Pflegegrades abgelehnt wird.
Das Neue Begutachtungsassessment (NBA) arbeitet mit einem Punktesystem und überprüft anhand eines Fragenkatalogs wie selbstständig ein Antragsteller noch ist. Je mehr Punkte der Antragsteller zuerkannt bekommt, desto höher ist der Pflegegrad und desto mehr Pflege- und Betreuungsleistungen werden durch die Pflegekasse genehmigt.
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Tabelle der Pflegegrade entsprechend den jeweils notwendigen NBA-Punkten:
- Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit (12,5 bis unter 27 Punkte)
- Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit (27 bis unter 47,5 Punkte)
- Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit (47,5 bis unter 70 Punkte)
- Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit (70 bis unter 90 Punkte)
- Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 bis 100 Punkte).
- Ausnahme: Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen (das sind die bisherigen Härtefälle mit Pflegestufe 3), die einen „spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die Pflegeversorgung“ haben, erhalten den Pflegegrad 5 zuerkannt, auch wenn sie im Rahmen der Begutachtung die an sich notwendige Mindestzahl von 90 Punkten nicht erreicht haben.
Warum Pflegegrade statt Pflegestufen?
Bis zum Neuregelung wurden die vielen demenzkranken Älteren zu einem großen Teil von den Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen, wenn sie körperlich größtenteils noch gesund waren, aber dennoch viel Betreuung und Zuwendung brauchen. Die Pflegeversicherung war auf die körperliche Pflege ausgerichtet. Nur bei körperlichen Erkrankungen und dementsprechend notwendigen Pflegehilfen bei Körperpflege, Ernährung und Bewegung waren die Voraussetzungen für die früheren Pflegestufen 1, 2 oder 3 und die damit verbundenen Pflegeleistungen erfüllt.
Das Umdenken des Gesetzgebers begann im Jahr 2012. Seither wurden mehr und mehr Pflegeleistungen für Demenzkranke und andere Menschen mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz wie psychisch Kranke oder geistig Behinderte normiert.
Mit dem Pflegestärkungsgesetz II kam ab 2017 die leistungsrechtliche Gleichstellung von demenzkranken und körperlich erkrankten Pflegebedürftigen. Demenzkranke und körperlich Pflegebedürftige, die ähnlich selbstständig oder unselbstständig eingeschätzt werden, erhalten den gleichen Pflegegrad und haben Anspruch auf die gleichen Leistungen der Pflegekasse.
Wie 2020 oder 2021 einen Pflegegrad erhalten?
Man muss zwischen den pflegebedürftigen Menschen, die aktuell erstmals einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen, und denjenigen pflegebedürftigen Menschen mit einer im Jahr 2016 bereits anerkannten Pflegestufe unterscheiden.
Ab 2020 bzw. 2021 erstmals Antrag auf Pflegeleistungen gestellt
Wer 2020 oder 2021 erstmals einen Antrag auf Pflegeleistungen bei seiner Pflegekasse stellt, wird mittels des Neuen Begutachtungsassessments (NBA) persönlich begutachtet. Der Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bei gesetzlich Versicherten oder der Medicproof GmbH bei privat Versicherten ermitteln den Grad der noch vorhandenen Selbstständigkeit und empfehlen der Versicherung einen Pflegegrad, in den der Versicherte eingestuft werden sollte. Es ist die Pflegekasse, die über die Genehmigung eines Pflegegrades und der damit verbundenen Pflegeversicherungsleistungen entscheidet.
2016 bereits eine anerkannte Pflegestufe
Wer am 31.12. 2016 bereits eine anerkannte Pflegestufe 1, 2 ,3 oder 0 hatte, wurde beim Übergang vom alten zum neuen Pflegeversicherungsrecht nicht erneut begutachtet. Die anerkannte Pflegestufen wurde automatisch in einen Pflegegrad umgewandelt.
Pflegestufe in Pflegegrad umrechnen
Es gilt der Bestandsschutz. Bei der Umrechnung einer Pflegestufe in einen Pflegegrad wurde kein Pflegebedürftiger schlechter gestellt. Die Umwandlung einer Pflegestufe in einen Pflegegrad erfolgte auf der Grundlage eines gesetzlich festgeschriebenen Systems. Dieses berücksichtigte sowohl die vorhandenen Pflegestufe als auch die gegebenenfalls vorhandene eingeschränkte Alltagskompetenz.
Alle diejenigen, die bereits am 31.12.2016 bereits anerkannt körperlich pflegebedürftig mit Pflegestufe 1, 2 oder 3 sind oder eine festgestellte eingeschränkte Alltagskompetenz („Pflegestufe 0“) hatten, mussten sich keiner erneuten Begutachtung unterziehen. Sie erhielten mit dem 1.1.2017 automatisch anstelle ihrer bisherigen Pflegestufe den nächsthöheren Pflegegrad. Beispiel: Ein Pflegebedürftiger mit Pflegestufe 2 bekam den Pflegegrad 3.
Anerkannt Pflegebedürftige mit Demenz erhielten automatisch einen Pflegegrad der zwei Stufen über der bisherigen Pflegestufe liegt. Beispiel: Ein demenzkranker Pflegebedürftiger mit Pflegestufe 1 erhielt den Pflegegrad 3.
Zu den Einzelheiten der Umrechnung einer Pflegestufe in einen Pflegegrad siehe die obige Tabelle „Umrechnung Pflegestufe zu Pflegegrad“.
Aktuelles aus der Pflege:
Wie wird der Pflegegrad berechnet?
Pflegegrad berechnen
Zur Feststellung des Pflegerades wenden die Gutachter des MDK das oben umrissene „Neue Begutachtungsassessment“ (NBA) an. Das Bewertungssystem stellt anhand der sechs Bereiche (Module) die noch vorhandene Selbstständigkeit fest. Es werden abhängig von der Intensität und Häufigkeit der notwendigen Unterstützung Punkte addiert. Von der erreichten Punktzahl wird auf den Pflegegrad geschlossen, da jeder Pflegegrad einem bestimmten Punktebereich entspricht (s. Tabelle der Pflegegrade entsprechend den jeweils notwendigen NBA-Punkten).
Um in einen bestimmten Pflegegrad eingruppiert zu werden, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese orientieren sich nicht (allein) nach dem Zeitaufwand für eine bestimmte Pflegemaßnahme, sondern an der Selbstständigkeit der Betroffenen. Der Zeitaufwand für Pflegemaßnahme dient allerdings immer noch als Anhaltspunkt, unter welchen Voraussetzungen ein Pflegegrad gegeben sein kann.
Die drei Schritte der Berechnung des Pflegegrades
Die Berechnung des Pflegegrades erfolgt in drei Schritten, die wir ausführlich erklären, so dass Sie selbst die Berechnung des Pflegegrades durch den MDK kontrollieren oder selbst den Pflegegrad berechnen können.
- Schritt 1: Punkte in sechs Modulen (Bereichen) ermitteln (siehe nächste Punkt)
- Schritt 2: Punkte addieren und gewichten
- Schritt 3: Zuordnung der Punkte zu einem Pflegegrad
6 Module / Bereiche der Pflegebedürftigkeit: das Neue Begutachtungsassessment NBA
Das neue Begutachtungsassessment (NBA) erfasst alle wichtigen Gesichtspunkte der Pflegebedürftigkeit aufgrund körperlicher, psychischer und kognitiver Beeinträchtigungen. Maßgebend für die Zuweisung eines Pflegegrades ist der Grad der Selbstständigkeit einer Person. Dieser wird in sechs Bereichen gemessen, wobei jeder dieser Bereiche eine unterschiedliche Wertigkeit hat; diese wird nachfolgend in Prozent angegeben
Die sechs verschiedenen Bereiche, in denen die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten der Menschen beurteilt werdem. sind:
- Mobilität: (körperliche Beweglichkeit, zum Beispiel morgens aufstehen vom Bett und ins Badezimmer gehen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen) – 10 Prozent
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: (verstehen und reden: zum Beispiel Orientierung über Ort und Zeit, Sachverhalte und begreifen, erkennen von Risiken, andere Menschen im Gespräch verstehen) – 15 Prozent
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (zum Beispiel Unruhe in der Nacht oder Ängste und Aggressionen, die für sich und andere belastend sind, Abwehr pflegerischer Maßnahmen) – 15 Prozent zusammen mit Bereich 2
- Selbstversorgung (zum Beispiel sich selbstständig waschen und ankleiden, essen und trinken, selbständige Benutzung der Toilette) – 40 Prozent
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (zum Beispiel die Fähigkeit haben die Medikamente selbst einnehmen zu können, die Blutzuckermessung selbst durchzuführen und deuten zu können oder gut mit einer Prothese oder dem Rollator zurecht zu kommen, den Arzt selbständig aufsuchen zu können) – 20 Prozent
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (zum Beispiel die Fähigkeit haben den Tagesablauf selbständig zu gestalten, mit anderen Menschen in direkten Kontakte zu treten oder die Skatrunde ohne Hilfe zu besuchen) – 15 Prozent
Der Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) wird prüfen, wie selbständig jemand ist und welche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten vorliegen. Erst aufgrund einer Gesamtbewertung aller Fähigkeiten und Beeinträchtigungen erfolgt die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade.
Minuten spielen in der neuen Begutachtung und damit für die Einstufung keine Rolle mehr. Stattdessen werden die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen mehr Möglichkeiten haben, mit den Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend ihren Wünschen und ihrer Lebenssituation umzugehen.
Wie hoch sind die Leistungsbeträge in den einzelnen Pflegegraden?
Nachfolgende Tabelle stellt die Leistungen der Pflegeveresicherung zusammen. Es werden die Leistungen bei ambulanter Pflege durch Angehörige / Bekannte oder einen Pflegedienst sowie die Leistungen bei Pflege in einem Heim berücksichtigt.
Tabelle: Leistungen der Pflegeversicherung ambulant und stationär
Hauptleistungsbeträge in Euro | Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 |
---|---|---|---|---|---|
Geldleistung ambulant (Pflegegeld) |
125 | 316 | 545 | 728 | 901 |
Sachleistung ambulant | 689 | 1298 | 1612 | 1955 | |
Leistungsbetrag stationär | 125 | 770 | 1262 | 1775 | 2005 |
Leistungen bei Pflegegraden in der häuslichen Pflege durch einen Pflegedienst (Pflegesachleistungen)
- Pflegegrad 1:
Pflegebedürftige mit einem Pflegegrad 1 erhalten pro Monat 125 Euro als Kostenerstattung für Betreuungs- und Entlastungsleistungen sowie monatlich 40 Euro für die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch. Diese relativ geringen Summen rechtfertigen sich damit, dass der Pflegegrad 1 den noch weitgehend selbstständigen, geringfügig Pflegebedürftigen zusteht. Sie bekommen keine Pflegesachleistungen für häusliche Pflege durch einen Pflegedienst und müssen die Kosten selbst tragen.
Ausnahme: Bewohner ambulant betreuter Wohngruppen erhalten als Leistungen Pflegehilfsmittel und Zuschüsse zur altersgerechten Wohnraumgestaltung (bis zu 4.000 Euro) sowie zwei kostenlose Beratungsbesuche pro Jahr.
Pflegebedürftige mit einem Pflegegraden 2 bis 5 haben einen Anspruch auf Pflegesachleistungen für die Pflege durch einen häuslichen Pflegedienst oder die ambulante Versorgung in einer Einrichtung für Tagespflege oder Nachtpflege. Leistungssätze für Pflegesachleistungen ab 2017 entnehmen Sie nachfolgender Tabelle:
- Pflegegrad 2: monatlich 689 Euro
- Pflegegrad 3: monatlich 1.298 Euro
- Pflegegrad 4: monatlich 1.612 Euro
- Pflegegrad 5: monatlich 1.995 Euro
Pflegegeld bei ambulanter Pflege durch Angehörige / Bekannte
Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle dieser Pflegesachleistungen bei Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst auch Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige, Freunde Bekannte beantragen.
Die Leistungssätze für das monatliche Pflegegeld entnehmen Sie nachfolgender Tabelle:
- Pflegerad 1: 0 Euro
- Pflegegrad 2: 316 Euro
- Pflegegrad 3: 545 Euro
- Pflegegrad 4: 728 Euro
- Pflegegrad 5: 901 Euro
Leistungen bei Pflegegraden in der stationären Pflege (Pflegeheim)
- Pflegegrad 1: Pflegebedürftige mit einem Pflegegrad 1 erhalten pro Monat 125 Euro als Kostenerstattung für ihren Aufenthalt in einem Altenheim oder Pflegeheim. Dieser geringe Betrag soll die noch weitgehend Selbstständigen entsprechend dem Grundsatz „ambulant vor stationär§ dazu motivieren, ambulante Pflege zu nutzen und nicht in ein Alten- und Pflegeheim umzuziehen.
Die Leistungssätze für die Zuschüsse der Pflegekasse für die vollstationäre Pflege in einem Alten- oder Pflegeheim entnehmen Sie nachfolgender Tabelle:
- Pflegegrad 2: 770 Euro
- Pflegegrad 3: 1.262 Euro
- Pflegegrad 4: 1.775 Euro
- Pflegegrad 5: 2.005 Euro
Pflegebedingter Eigenanteil für alle Pflegebedürftigen gleich hoch
Alle pflegebedürftigen Bewohner eines Alten- oder Pflegeheimes, denen der Pflegegrad 2 bis 5 zuerkannt ist, zahlen ab 2017 den gleichen pflegebedingten Eigenanteil. Für das Jahr 2020 beträgt dieser nach einer Einschätzung des Bundesgesundheitsministeriums durchschnittlich etwa 600 Euro.
Eigenanteile für Unterkunft, Verpflegung variieren
Die zusätzlich zum pflegebedingten Eigenanteil zu zahlenden Eigenanteile für Unterkunft, Verpflegung und anteilige Investitionskosten der Einrichtung variieren aber von Heim zu Heim.
Pflegeversicherung zahlt Rente für pflegende Angehörige
Übernehmen Angehörige die häusliche Pflege, so zahlt die Pflegekasse des Pflegebedürftigen für die privat tätigen Pflegepersonen Rentenbeiträge in dei gesetzliche Rentenversicherung. Pflege bedeutet also ein Rentenplus.
Entlastungsbetrag
Wer pflegebedürftig ist und von der Pflegekasse mindestens den Pflegegrad 1 zuerkannt bekommen hat, hat Anspruch auf den sogenannten Entlastungsbetrag von gegenwärtig 125 Euro monatlich. Davon sollen Hilfen für das Putzen, Einkaufen oder Spazierengehen, also Angebote zur Unterstützung im Alltag, bezahlt werden. Allerdings ist es schwierig geeignete Angebote zu finden, da der Betrag von der Pflegekasse nur dann zur Verfügung gestellt wird, wenn eine professionelle Hilfe in Anspruch genommen wird. Eine Auszahlung durch die Pflegekasse erfolgt nur bei der Vorlage von Quittungen eines Leistungserbringers.
Pflegedienste bieten diese Leistungen an, doch ist die Vergütung entsprechend hoch, so dass die 125 Euro rasch verbraucht sind. Informationen zu den Leistungserbringer kann man bei den Pflegekassen und den Pflegestützpunkte erhalten.
Pflegegrad beantragen
Wird ein Pflegegrad beantragt, schickt die Pflegekasse einen Gutachter vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Dieser bereitet die Entscheidung der Pflegekasse vor und bestimmt, welcher Pflegegrad gegeben ist. Aus diesem Grund sollte sich der Pflegebedürftige bzw. dessen Angehörigen gut auf den Termin mit dem Gutachter vorbereiten, insbesondere sich über alle Bereiche informieren, die bewertet werden. Dies ist möglich auf den Seiten des Medizinischen Dienstes des Bundesspitzenverbandes der Krankenkassen.
Man sollte zum Begutachtungstermin alle medizinischen Unterlagen bereithalten, die eine Aussage über den Umfang der Pflegebedürftigkeit geben können.
Da Leistungen der Pflegekasse erst ab Antragstellung gewährt werden, sollte der Antrag auf einen Pflegegrad möglichst früh gestellt werden.
Pflegegrade statt Pflegestufen = ambulant vor stationär
Die Pflegereform mit ihrem Pflegestärkungsgesetz II hat das Prinzip „ambulant vor stationär“ in der gesetzlichen Pflegeversicherung weiter ausgebaut. Das ist beispielsweise daraus abzulesen, dass die Pflegesachleistungen bei Pflege und Betreuung durch einen ambulanten Pflegedienst oder Tages- und Nachtpflege insbesondere für die zumeist zu Hause versorgten Demenzkranken mit „Pflegestufe 0“ und Pflegebedürftigen mit Pflegestufe 1 besonders deutlich erhöht wurden. Diese Personengruppen erhielten automatisch den Pflegegrad 2. Die folgende Tabelle zeigt die finanziellen Unterschiede Pflegestufen – Pflegegrade für Pflegesachleistungen in der ambulanten Pflege.
Tabelle: Pflegesachleistungen Pflegestufen – Pflegerade
Bis 31.12.2016 | Ab 01.01.2017 | Unterschied |
---|---|---|
„Pflegestufe 0“ (nur Demenz): 231 Euro | Pflegegrad 2: 689 Euro | Erhöhung um 458 Euro |
Pflegestufe 1: 468 Euro | Pflegegrad 2: 689 Euro | Erhöhung um 221 Euro |
Pflegestufe 2: 1.144 Euro | Pflegegrad 3: 1.298 Euro | Erhöhung um 154 Euro |
Pflegestufe 3: 1.612 Euro | Pflegegrad 4: 1.612 Euro | Kein Unterschied |
Härtefall mit Pflegestufe 3: 1.995 Euro | Pflegegrad 5: 1.995 Euro | Kein Unterschied |
Pflegegeld unverändert
Nahezu unverändert blieb hingegen das Pflegegeld bei der häuslichen Pflege durch Angehörige oder Freunde für Pflegebedürftige mit den Pflegestufen 1, 2 und 3; diese erhielten automatisch die Pflegegrade 2, 3 oder 4.
Demenzkranke besser gestellt
Demenzkranken mit der alten „Pflegestufe 0“, also mit festgestellter Einschränkung der Alltagskompetenz erhielten ab dem 1. 1. 2017 den Pflegegrad 2 zuerkannt. Ihr Pflegegeld stieg ab 2017 von 123 Euro um 422 Euro auf 545 Euro.
Härtefälle der alten Pflegestufe 3 besser gesellt
Die Härtefälle der alten Pflegestufe 3, die zu Hause von Angehörigen versorgt werden, erhielten ab dem 1. 1. 2017 den Pflegegrad 5 und damit ein Pflegegeld von 901 Euro.
Alte Pflegestufen 2 und 3 im Pflegeheim schlechter gestellt
Pflegebedürftige in vollstationärer Pflege in einem Altenheim oder Pflegeheim mit den alten Pflegestufen 1 und 2 erhielten die Pflegegrade 2 und 3 zuerkannt. Ihr Eigenanteil für die Pflege ist ab dem 1. Januar 2017 gestiegen. Ab 2017 sind die Zuschüsse zur stationären Pflege gesunken für Heimbewohner mit der alten Pflegestufe 1 , jetzt Pflegegrad 2, und für Bewohner mit der alten Pflegestufe 2, jetzt Pflegegrad 3.
Alte Pflegestufe 3 im Pflegeheim besser gestellt
Heimbewohner mit der alten Pflegestufe 3, jetzt Pflegegrad 4, erhalten mehr Geld von der Pflegekasse, genauso wie und Härtefälle mit der alten Pflegestufe 3, jetzt Pflegegrad 5.
Tabelle Leistungssätze für stationäre Pflege im Vergleich
Bis zum 31.12.2016 | Ab 1.1.2017 | Unterschied |
---|---|---|
Pflegestufe 1: 1.064 Euro | Pflegegrad 2: 770 Euro | Kürzung um 294 Euro |
Pflegestufe 2: 1.330 Euro | Pflegegrad 3: 1.262 Euro | Kürzung um 68 Euro |
Pflegestufe 3: 1.612 Euro | Pflegegrad 4: 1.775 Euro | Erhöhung um 163 Euro |
Härtefall mit Pflegestufe 3: 1.995 Euro | Pflegegrad 5: 2.005 Euro | Erhöhung um 10 Euro |
Pflegebedürftige in einem Alten- und Pflegeheim müssen ab 2017 die gleichen Eigenanteile bezahlen, egal, welchen Pflegegrad sie erhalten haben. Nach altem Recht wurden – abhängig von der Pflegestufe – unterschiedliche eigene Zuzahlungen fällig.
Wer zahlt die Pflegereform?
Die Pflegereform bringt mehr Leistungen für Pflegebedürftige. Dies muss finanziert werden. Allein bis zum Jahr 2017 wurden zusätzlich 4,8 Milliarden Euro an Ausgaben veranschlagt. Danach rechnete die Bundesregierung mit jährlich 2,4 Milliarden Euro an Mehrausgaben. Finanziert werden die Leistungen der Pflegeversicherung auch künftig durch die Mitglieder. Sie müssen in Zukunft 0,2 Prozentpunkte mehr für die Pflegeversicherung zahlen.
Leistungen der Pflegekasse und Sozialhilfe
Die Leistungen der Pflegekasse sind in der Höhe abhängig vom festgestellten Pflegegrad. Sie decken allerdings nur einen Teil der tatsächlich entstehenden Pflegekosten ab. Das gilt sowohl für den Fall einer stationären Pflege im Pflegeheim als auch einer ambulanten Pflege in den eigenen vier Wänden Zuhause.
Reicht das sonstige Einkommen, also vor allem die Rente, und das Vermögen nicht aus, um die Pflegekosten abzudecken, so muss ein Antrag auf Sozialhilfe gestellt werden. Zu beachten ist, dass Sozialhilfe (ebenso wie die Leistungen der Pflegekasse) nicht rückwirkend gezahlt wird. Ein rechtzeitiger Antrag ist somit notwendig.
Weiterführende Informationen zum Pflegegrad
Ergänzende Informationen zum finden Sie auf folgenden Internetseiten:
Internetseite der Bundesregierung: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/pflegegrade.html
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pflegebed%C3%BCrftigkeit
NUR WER SEINE RECHTE KENNT, KANN SIE AUCH WAHRNEHMEN!
Und: manchmal braucht man Hilfe, um sie auszuüben.
Die Experten unseres unabhängigen und gemeinnützigen Vereins erklären die Pflegegrade auf einfache Art und Weise.