Pflege wird oft in Verbindung mit alten Menschen gebracht. Das ist in vielen Fällen auch richtig. Aber natürlich können Menschen in jedem Lebensalter, auch schon kleine Kinder, aufgrund von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen eine pflegerische Versorgung benötigen.
Pflegebedürftigkeit kündigt sich nicht unbedingt im Voraus an. Es kann schnell geschehen, dass Ehemann, Ehefrau, Freund, Freundin, Mutter oder Vater pflegebedüftig werden.
Wie soll der Familienangehörige gepflegt und versorgt werden. Wer kümmert sich um ihn?
Wichtig ist, sich Rat und Hilfe zu holen. Es besteht ein Rechtsanspruch auf Beratung. In der Pflicht sind die Pflegekassen, also die gesetzliche Pflegeversicherung, die die Aufgabe oft auf sogenannte Pflegestützpunkte delegiert.
Die Pflege von Familienangehörigen erfordert nicht nur zeitlichen Einsatz. Pflege kostet Geld. Um die Pflege finanziell sicherzustellen, sollte man so früh wie möglich bei der Pflegekasse einen Antrag auf Leistungen stellen. Im System der gesetzlichen Versicherung ist die Pflegeversicherung bei der Krankenkasse angesiedelt, im System der privat Versicherung bei der jeweiligen Versicherungsgesellschaft. Es gibt viele unterschiedliche Leistungsarten, die auch miteinander kombiniert werden können.
Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Punkte im Überblick.
Pflegebedürftigkeit – wann liegt sie vor?
Häusliche Pflege durch Angehörige
Häusliche Pflege durch ambulante Pflegedienste
Kombinationsleistung
Teilstationäre Pflege
Vollstationäre Pflege
Kurzzeitpflege
Geringe Leistungen bei Pflegegrad 1
Ansprüche auch ohne Pflegegrad?
Sozialhilfe als letzte Möglichkeit
Wann liegt Pflegebedürftigkeit vor?
Eine sehr wichtige Voraussetzung für die Leistungen der Pflegekasse ist der entsprechende Antrag. Ohne Antrag keine Leistungen. Ein Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse besteht nur, wenn innerhalb der letzten zehn Jahre vor Antragstellung mindestens zwei Jahre Beiträge zur Pflegeversicherung geleistet wurden bzw. eine Familienversicherung bestand.
Ist der Antrag auf Leistungen zur Pflege bei der Pflegekasse eingegangen, beauftragt diese einen Gutachter mit der Erstellung eines Gutachtens über die pflegedürftige Person. Die gesetzlichen Kassen greifen auf den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zurück. Der Gutachter ermittelt, ob ein Pflegegrad vorliegt. Die Einzelheiten regelt das Sozialgesetzbuch Band XI, vgl. §15 SGB XI.
Pflegebedürftigkeit bedeutet den Verlust von Selbstständigkeit. Mit Hilfe von sechs Modulen wird die Selbstständigkeit der zu pflegenden Person geprüft, etwa im Hinblick auf Mobilität, kommunikative Fähigkeiten oder soziale Interaktionsfähigkeit.
Man kann die Begutachtung vorbereiten, indem man ein Pflegetagebuch führt. Dieses hilft, den Pflegebedarf einzuschätzen. Man sollte auch Dokumente vorlegen, die wichtig für die Frage der Pflegebedürftigkeit sind.
Mit Hilfe eines Punktesystems ermittelt der Gutachter, ob ein Pflegegrad vorliegt. Es gibt 5 Pflegegrade, wobei der Pflegegrad 1 eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bedeutet, der Pflegegrads 5 die schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Für Kinder sieht das Gesetz besondere Regeln für die Feststellung eines Pflegegrades vor..
Die Pflegekasse muss schnell handeln. Sie hat höchstens 25 Arbeitstagen Zeit; dann muss eine Entscheidung getroffen sein. Ist das nicht der Fall, hat der Antragsteller grundsätzlich Anspruch auf eine Art Ersatzzahlung; jedoch nicht immer.
Die Leistungen der Pflegekasse variieren, je nachdem, welcher Pflegegrad für die zu pflegende Person festgestellt worden ist.
Gegen den Bescheid der Pflegekasse kann Widerspruch eingelegt und, wenn diesem nicht abgeholfen wird, eine Klage vor dem Sozialgericht Klage erhoben werden.
Welche unterschiedlichen Arten der Pflege gibt es?
Die finanzielle Unterstützung, also die Leistung der Pflegekasse, ist die eine Seite. Auf der anderen Seite muss klar sein, welche Art der Pflege gewählt wird. Die Wahl triftt die pflegebedürftige Person oder ihr gesetzlicher oder bevollmächtigter Vertreter. Welcher Pflegegrad vorliegt, ist dabei unerheblich. Soll die Pflege ambulant oder sogar vollstationär durchgeführt werden? Die Antwort ist abhängig von der finanziellen Situation und der zur Verfügung stehenden Zeit der Familie. Die Art und die Höhe der Leistungen der Pflegekasse sind wiederum von der Wahl und der Art der Pflege abhängig.
Häusliche Pflege durch Angehörige
Die häusliche Pflege ist die am häufigsten praktizierte Art der Pflege. Sie wird sehr oft von Angehörigen der zu pflegenden Person im eigenen Zuhause durchgeführt. Die Pflegekasse zahlt für die häusliche Pflege das Pflegegeld. Es wird an den Pflegebedürftigen gezahlt. Dieser kann frei darüber verfügen und bestimmen wie es verwendet wird. Ein Anspruch auf Pflegegeld haben Personen mit Pflegegrad 2 bis 5 zu. Sie können zusätzlich den Entlastungsbetrag von 125 Euro pro Monat erhalten. Er ist jedoch zweckgebunden und kann nur für bestimmte Aufwendungen eingesetzt werden, beispielsweise für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag. Den Entlastungsbetrag gibt es wie das Pflegegeld nur auf Antrag. Die Kosten müssen durch Belege nachgewiesen werden.
Zusätzlich zum Pflegegeld oder zum Entlastungsbetrag gibt es weitere Leistungen der Pflegekasse bei der Pflege zu Hause, etwa Zuschüsse zu Pflegehilfsmitteln. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) eine Empfehlung zu Pflegehilfsmitteln abgegeben hat. Pflegehilfsmittels sind etwa ein Pflegebett und ein Notrufsysteme. Bei einer Empfehlung ist kein gesonderter Antrag für die Zuschüsse notwendig. Neben Pflegehilfsmitteln können Gelder für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bei der Pflegekasse per Antrag abgerufen werden.
Erfolgt die Pflege durch Angehörige, so hat der oder die Pflegebedürftige für den Fall, dass der Angehörige krank wird oder aus anderen Gründen verhindert ist (Urlaub) einen Anspruch auf Verhinderungspflege. Hier zahlt die Pflegekasse einen höheren Geldbetrag, damit die Ersatzpflegekraft finanziert werden kann. Das Pflegegeld wird während der Zeit der Verhinderungspflege dennoch weitergezahlt, allerdings nur in halber Höhe.
Wie oben schon dargestellt, haben nur Peresonen ab Pflegegrad 2 einen Anspruch auf die genannten Leistungen. Liegt nur ein Pflegegrad 1 vor, so wird kein Pflegegeld gezahlt. Es bestehen aber Ansprüche auf den Entlastungsbetrag und auf Zuschüsse zur Wohnungsanpassung und zu Pflegehilfsmitteln.
Häusliche Pflege durch ambulante Pflegedienste
Möchte sich die pflegebedürftige Person zu Hause pflegen lassen, stehen aber keine Angehörigen oder Freunde zur Verfügung, kann sie für die häusliche Pflege einen ambulanten Pflegediensten beauftragen. Die Pflegekasse beteiligt sich an den Kosten des professionellen Pflegedienstes mit Pflegesachleistungen, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird. Der ambulante Pflegedienst mjuss bei der Pflegekasse zugelassen sein. Das Geld erhält dieser dann direkt von ihr. An den Pflegebedürftigen wird keine Geldleistung erbracht.
Kombination von Pflege durch Angehörige und durch Pflegedienst
Die Pflegesachleistung, also die Pflege duch einen ambulanten Pflegedienst, und das Pflegegeld, also die Pflege durch Angehörige, können kombiniert werden. Die Pflegekasse zahlt allerdings immer nur anteilmäßig. Wenn 60 Prozent der Pflegesachleistungen ausgeschöpft werden, besteht ein Aspruch auf 40 Prozent des Pflegegelds. In voller Höhe bestehen bleibt der Anspruch auf den Entlastungsbetrag und auf die Zuschüsse für Pflegehilfsmittel oder Wohnungsanpassungen .
Es gibt noch eine andere Möglichkeit, den nicht vollständig ausgeschöpften Anspruch auf Pflegesachleistungen zu nutzen, also anstelle des Pflegegeldes: 40 Prozent können für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag verwendet werden.
Der Anspruch auf Pflegesachleistungen steht wie der auf das Pflegegeld erst ab anerkanntem Pflegegrad 2 zur Verfügung.
Teilstationäre Pflege
Die Pflegebedürftigkeit eines Menschen ist individuell. Es gibt Personen, die lediglich stundenweise (etwa am Tag oder in der Nacht) einer stationäre Pflege bedürfen. Für sie gibt es die teilstationäre Pflege in Form der Tagespflege oder Nachtpflege. Sind etwa die betreuenden Angehörigen berufstätig und nicht in der Lage, die häusliche Pflege kontinuierlich sicherzustellen, so ist die teilstationäre Pflege die ideale Wahl. Die Pflegekasse beteiligt sich an den Kosten jedoch erst ab einem festgestellten Pflegegrad 2. Bei Pflegegrad 1 steht lediglich der Entlastungsbetrag zur Verfügung. Wichtig zu wissen ist auch, dass von der Pflegekasse bei einer teilstationärer Pflege nur die Kosten für die Pflege geragen werden, nicht die Koste für Unterkunft oder Verpflegung in der Einrichtung.
Vollstationäre Pflege
Die vollstationärer Pflege bedeutet eine dauerhafte Unterbringung, ein dauerhaftes Leben in einem Pflegeheim. Die Pflegekasse übernimmt ab Pflegegrad 2 einen Teil der pflegerischen Kosten. Diese decken aber keinesfalls die gesamten Heimkosten. Ein nicht unerheblicher Teil der Heimkosten, die zudem noch aus den Kosten für Unterkunft und Verpflegung und Investitionen bestehen, muss der Bewohner also selbst tragen. Dieser Eigenanteil ist bei allen Pflegegraden innerhalb eines Heimes gleich. Zwischen den einzelnen Pflegeheimen variieren die Kosten hingegen oft nicht unerheblich.
Kurzzeitpflege
Wenn eine vollstationäre Pflege nur für eine vorübergehende Zeit notwendig ist, nennt man dies Kurzzeitpflege. Die gesetzliche Pflegeversicherung gewährt den Versicherten gegenüber der Pflegekasse einen Anspruch auf Kurzzeitpflege ab Pflegegrad 2. Die Höhe ist hingegen unabhängig von den Pflegegraden und beträgt pro Jahr 1612 Euro. Dabei beläuft sich die maximale Zeit der Kurzzeitpflege auf acht Wochen. Wer ledigliche den Pflegegrad 1 zugesprochen erhalten hat, kann nur den Entlastungsbetrag für die Kurzzeitpflege einsetzen. Das Pflegegeld wird während der Kurzzeitpflege in halber Höhe weitergezahlt – wie bei der Verhinderungspflege.
Der Zahlungsanspruch bei einer Kurzzeitpflege kann verdoppelt werden, indem nicht beanspruchte Ansprüche aus der Verhinderungspflege dafür eingesetzt werden. Auch umgekehrt ist dies möglich. Allerdings kann man eistungen der Kurzzeitpflege nur zur Hälfte für die Verhinderungspflege einsetzen.
Pflegegrad 1: nur wenig Leistungen der Pflegekasse
Mit den Leistungen der Pflegeversicherung soll die Selbstständigkeit der Betroffenen durch frühzeitige Hilfestellungen möglichst lange erhalten bleiben und es soll der Verbleib in der vertrauten häuslichen Umgebung ermöglicht werden, so das Bundesgesundheitsministerium.
Bei Personen mit Pflegegrad 1 ist dies auch ohne größere finanzielle Hilfe möglich.
Ihnen steht zum einen der Entlastungsbetrag zur Verfügung. Zum anderen haben sie Anspruch auf Pflegehilfsmittel, auf Zuschüsse zur Wohnungsanpassung sowie auf individuelle Beratungsangebote der Pflegekassen oder Pflegestützpunkte.
Kein Pflegegrad – welche Ansprüche bestehen
Auch ohnen die Zuerkennung eines Pflegegrades kann Pflegebedürftigkeit bestehen. Das ist bei Menschen der Fall, die nur vorübergehend pflegebedürftig sind, etwa nach einem Krankenhausaufenthalt. Sie haben keine Ansprüche gegenüber Pflegeversicherung, wohl aber gegenüber der Krankenversicherung. So besteht ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege und/oder Haushaltshilfe. Der Anspruch kann bis zu vier Wochen pro Krankheitsfall in Anspruch genommen werden. U.U. Kann die Dauer verlängert werden. Sollte dies nicht genügen, so zahlt die gesetzlich Krankenversicherung eine Kurzzeitpflege in einer Einrichtung für die Zeit von bis zu acht Wochen pro Jahr. Der Maximalbetrag beläuft sich alledings auf lediglich 1612 Euro.
Sozialhilfe zahlt Pflegekosten
Die Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der tatsächlich entstehenden Pflegekosten bzw. Betreuungskosten. Die von der Pflegekasse nicht gezahlten Kosten müssen aus eigenem Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen getragen werden. Zum Einkommen gehören auch Unterhaltsansprüche gegenüber Eltern oder Kindern. Reicht das Eigene Einkommen und Vermögen neben den Leistungen der Pflegekasse nicht aus, die durch die Pflegebedürftigkeit entstehenden Kosten zu decken, kann ein Antrag beim Sozialamt auf Kostenübernahme gestellt werden. Der Antrag muss rechtzeitig gestellt werden, also bevor ungedeckte Kosten entstehen.
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